Geteilt werden wir fallen - Ein Interview mit Antonio Maestre

Am 22. Januar 2019 veröffentlichte Eoghan Gilmartin ein Interview mit Antonio Maestre auf Jacobin zum Bruch bei Podemos mit dem Titel "Divided we fall". Wir haben den englischen Text ins Deutsche übersetzt.


Geteilt werden wir fallen

Ein Interview mit Antonio Maestre

Vor 5 Jahren vollzog Podemos einen donnernden ersten Einstieg in die spanische Politik. Nun drohen durch Konflikte zwischen den Führungspersönlichkeiten Pablo Iglesias und Íñigo Errejón eine dauerhafte Spaltung und akute Demoralisierung.

 Íñigo Errejón und Pablo Iglesias im spanischen Parlament am 13. Januar 2016 in Madrid, Spanien. Pablo Blazquez Dominguez / Getty Images

Am vergangenen Donnerstag, als Podemos sein fünfjähriges Bestehen feierte, verblüffte der Mitbegründer und Chefstratege Íñigo Errejón die spanische Linke, indem er ankündigte, dass er bei den bevorstehenden Regionalwahlen in Madrid als Kandidat für eine neue Formation kandidieren werde. Bis dahin hatte er sich verpflichtet, die eigene Kampagne von Podemos für die starke Madrid-Präsidentschaft zu leiten.

Doch angesichts der festgefahrenen Verhandlungen zwischen Errejón und der nationalen Führung über die Zusammensetzung seiner Wählerliste entschied sich der 35-Jährige für eine Zusammenarbeit mit der neuen Plattform Más Madrid von Madrids Bürgermeisterin Manuela Carmena. Am Montag folgte dann sein Rücktritt als Mitglied des spanischen Parlaments, obwohl er darauf bestand, dass er Mitglied von Podemos bleibt.

Angesichts der immer stärker angespannten Beziehungen Errejóns zu Parteichef und ehemaligem engen Freund Pablo Iglesias war eine solche Trennung immer möglich. Aber die Ankündigung erwischte die Podemos-Hierarchie unvorbereitet. Errejón rief Iglesias an, der sich derzeit im Vaterschaftsurlaub befindet, nur wenige Minuten vor der Bekanntgabe, die meisten Führungskräfte von der Bewegung haben dies durch soziale Medien erfahren. In einem offenen Brief an Errejón, der am Donnerstag veröffentlicht wurde, schlug Iglesias zurück und behauptete, "die Parteimitgliedschaft hätte mehr verdient" als solche geheimen Manöver und dass er "nicht glauben konnte, dass Manuela und Íñigo ihre Pläne, ihr eigenes Wahlprojekt zu starten, geheim gehalten hätten".

Die Podemos-Führung hat Errejón wiederholt als definitiv "außerhalb" der Partei beschrieben und seine Handlungen so dargestellt, dass sie "alle Brücken niedergerissen" haben. Er betont, dass die Tür für eine gemeinsame Kandidatur in Madrid offenbleibt, obwohl dies nun über die Plattform von Carmena erfolgen müsste. Er hat seinen Überraschungszug verteidigt, indem er behauptete, dass die spanische Linke nach den schlechten Wahlergebnissen für Podemos in Katalonien und Andalusien einen Neustart braucht.

Sein Pokerspiel beruht darauf, dass die Linke mit einem gemeinsamer Liste mit der beliebten Carmena, die sich um eine Wiederwahl ins Madrider Rathaus bewirbt, die Energie und Dynamik zurückgewinnen kann, die Podemos vor fünf Jahren auf die nationale Bühne katapultiert hat. Doch bei einer radikalisierten Rechten im Aufstieg besteht die Gefahr, dass weitere Spaltungen in der Linken einfach zu einer Wahlkatastrophe führen.

Der Jacobin-Autor Eoghan Gilmartin setzte sich mit dem spanischen Journalisten Antonio Maestre zusammen, um diese Entwicklungen zu analysieren und die möglichen Folgen für Podemos und die spanische Linke zu diskutieren, da diese in einen intensiven Wahlzyklus eintreten, der irgendwann in den nächsten zwölf Monaten in einer Parlamentswahl gipfeln soll.

EG: Die Beziehungen zwischen Iglesias und Errejón sind seit einigen Jahren angespannt. Aber was genau führte zu Errejóns Entscheidung, letzte Woche mit der Partei zu brechen?

AM: Seit dem Zweiten Parteitag von Vistalegre Anfang 2017, der sie auf unterschiedliche politische Weichenstellungen gebracht hat, gab es einen deutlichen Bruch zwischen den beiden. Der Streit drehte sich dann um strategische Fragen, vor allem aber um Allianzen. Errejón war gegen das Bündnis mit der Vereinigten Kommunistischen Linken [Anmerkung: Izquierda Undia IU] , ein Hindernis, das sie nie überwinden konnten. Dies wiederum führte zu einem Zusammenbruch der persönlichen und beruflichen Beziehungen, so dass es für die beiden immer schwieriger wurde, politische von persönlichen Differenzen zu unterscheiden.

Nach der Konferenz von Vistalegre erreichten die beiden einen nicht überzeugenden Waffenstillstand, als Errejón sich bereit erklärte, die regionale Kampagne der Partei in Madrid zu leiten. Es war nicht überzeugend, denn gleichzeitig blieb Ramon Espinar [ein enger Verbündeter von Iglesias] weiterhin der Vorsitzende der Partei in der Region. Angesichts dieses prekären Gleichgewichts gab es immer das Gefühl, dass dies irgendwann einmal explodieren würde.

Es geschah schließlich [letzte] Woche aus zwei Gründen. Erstens ist Errejón entschieden dagegen, wie die Partei auf ihre schlechten Ergebnisse bei den andalusischen Regionalwahlen im Dezember reagiert hat. Mit dem Durchbruch der rechtsextremen Vox-Partei hat Podemos zu einem neuen antifaschistischen Kampf aufgerufen. Errejón ist der Ansicht, dass diese Haltung zwar gut mit den Treuen der Partei zusammenspielen mag, aber mensch nicht darauf hoffen kann, die immer schlechter werdenden Wahlergebnisse von Podemos unter den Wählern der breiten Öffentlichkeit umzukehren. Zum Zweiten herrscht der Glaube, dass die nationale Führung es ihm unmöglich macht, seinen eigenen Wahlkampf zu führen, insbesondere durch die Auferlegung einer Vereinbarung mit der Vereinigten Linken über eine gemeinsame Wahlliste, deren Zusammensetzung er ablehnt.

Diese Faktoren veranlassten ihn, eine gemeinsame Liste mit der Madrider Bürgermeisterin Manuela Carmena anzustreben. Seiner Meinung nach hat eine solche Liste ein größeres Potenzial. Doch gleichzeitig, ob absichtlich oder nicht, bedeutet dies auch einen tödlichen Schlag für die Strategie von Iglesias in der Region. Im Moment hat Errejón die Initiative, da Podemos nur wenige alternative Kandidaten hat, die stark genug sind, um gegen ihn anzutreten.

EG: Also ist das der engültige Bruch? Oder gibt es die Möglichkeit weiterer Verhandlungen?

AM: Die Spaltung in diesem Moment ist eine Tatsache, aber die Schwäche der Position von Unidos Podemos [Unidos Podemos ist der Name für die Koalition zwischen Podemos und der Vereinigten Linken] könnte tatsächlich eine Einigung erleichtern - mit anderen Worten, sie erhöht die Chance, dass sie zu einem Abkommen mit Errejón und Carmena gezwungen werden. Andernfalls werden wir sehen müssen, ob sie eine tragfähige alternative Kandidatur zu Errejón aufbauen können, die ihren eigenen Wahlraum auf der linken Seite gestalten kann.

EG: Bei den Wahlen in Andalusien haben die Linke im Allgemeinen und Unidos Podemos im Besonderen es versäumt, ihre WählerInnen mit der Mehrheit ihrer Verluste bis zur Stimmenthaltung zu mobilisieren. Wird diese jüngste Spaltung zu einer weiteren Demoralisierung der linken WählerInnen führen?

AM: Die Ergebnisse in Andalusien [mit der ersten rechten Mehrheit seit über 35 Jahren in der traditionell sozialistischen Region] führten zu einem politischen Erdbeben in Spanien. Eine Rechtsfragmentierung [wobei die Stimmen zwischen der etablierten Partrido Popular und ihren neuen Rivalen, Ciudadanos und Vox, aufgeteilt sind] wurde erwartet, die die Perspektive der Rechten beschädigen könnte. Am Ende setzte sie sich jedoch durch, vor allem wegen der Demobilisierung der Linken, aber auch, weil der verstärkte Wettbewerb es den drei rechten Parteien ermöglichte, unterschiedliche Wählerschaften zu mobilisieren.

Das heißt nicht, dass diese Dynamik im kommenden Wahlzyklus anhalten wird. So könnte beispielsweise die Angst vor weiteren rechtsextremen Gewinnen tatsächlich zu einer stärkeren Mobilisierung der WählerInnen der Linken führen. Im Moment befinden wir uns in einer neuen Situation, in der alles noch in der Luft schwebt. Es ist sehr schwierig zu sagen, ob die Fragmentierung der Linken entweder schädlich sein wird oder ob sie ähnliche positive Auswirkungen haben wird wie die der Rechten, obwohl ich sagen würde, dass die Wahldynamik der Linken normalerweise anders ist als die der Rechten.

In dieser neuen Konjunktion, in der die bestehenden taktischen Analysen nicht mehr relevant erscheinen, sieht Errejón die Strategie von Unidos Podemos als verloren und eine gemeinsame Plattform mit Carmena als einzige Möglichkeit, neue Impulse zu generieren. Anstatt in eine Strategie und eine Wahlliste gezwungen zu werden, an die er nicht glaubt, hat er jetzt völlige Freiheit bei der Wahl seines Teams und ist von den Einschränkungen befreit, die die Partei für seine Anzahl von Medienauftritten vorgenommen hat. Auf individueller Ebene kann er davon nur profitieren. Aber wir wissen noch nicht, was diese Spaltung für die Linke im Allgemeinen bedeutet.

EG: Der andere Hauptakteur in diesem Streit ist Madrids Bürgermeisterin Manuela Carmena. Als sehr populäre Figur leitete sie bei den Wahlen vor vier Jahren eine breite Koalition, der Podemos, die Vereinigte Linke und verschiedene Persönlichkeiten aus den sozialen Bewegungen der Stadt angehörten. Wo passt sie da hinein und wie unterscheidet mensch ihre neue Formation Más Madrid, der Errejón beigetreten ist, von Podemos?

AM: Es hat das ganze Charisma von Carmena gebraucht, um das Madrider Rathaus mit einer so vielfältigen Koalition zu regieren. Sie sprechen von Menschen mit völlig unterschiedlichen Vorstellungen von Politik. Obwohl sie Mitglied der Kommunistischen Partei [in den 1970er Jahren] war, war Carmenas Politik lange Zeit sehr moderat, viel näher an der Mitte-Links-Sozialistischen Partei (PSOE) als an der Vereinigten Linken. Für die lebenslangen Aktivisten in ihrer Koalition wie Celia Mayor oder Ratsmitglieder aus den radikaleren Sektoren der Vereinigten Linken war es eine sehr schwierige Erfahrung, und sie konnten sich nicht mit ihrer Form der Politik verbinden.

Mit dem Start von Más Madrid vor Weihnachten versuchte Carmena, ihre Popularität zu nutzen, um Podemos und die Vereinigte Linke zu zwingen, eine neue Kandidatur ihres eigenen Designs für die Kommunalwahlen im Mai anzunehmen - dass sie kaum eine andere Wahl hätten, als ihre Bedingungen zu akzeptieren.

Carmena war Errejón immer nahe und teilte seinen Glauben an eine integrative Querschnittspolitik. In diesem Sinne könnte mensch sagen, dass Más Madrid der ursprünglichen Podemos sehr ähnlich ist, das heißt einer breiten transversalen Bewegung, die im laklauianischen Sinne populistisch ist, während Podemos in seiner jetzigen Form einer traditionelleren, kämpferischeren linken Formation wie der Vereinigten Linken oder der Labour Party in Großbritannien ähnelt. Errejón war der Stratege und praktisch der Ideologe dieser ursprünglichen Podemos, dass eine breite Wählerschaft anziehen und verführen wollte.

EG: Aber es scheint einen wesentlichen Unterschied zwischen Errejóns ursprünglicher Strategie für Podemos und Más Madrid zu geben. Während die erstere noch ein antagonistisches Bild der spanischen Gesellschaft artikulierte, das zwischen la casta (den Eliten) und dem Volk gespalten ist, scheint Mas Madrid stärker von dem weicheren Bild von Carmena beeinflusst zu sein, welches immer wieder die sehr antipolitische Idee von "Regieren für alle" betont hat.

AM: Ja, Errejóns populistische Strategie hat sich deutlich weiterentwickelt, auch weil der Antagonismus gegenüber der traditionellen Politik nicht mehr die gleiche Kraft hat wie vor fünf Jahren. Er hat nun die Idee angenommen, dass Manuela Carmena eine neue Art der [fortschrittlichen] Politik darstellt. Sie vertritt eine sanftere Politik und ist [im Gegensatz zu Iglesias] eine Figur, die wenig oder gar keine negativen Reaktionen in der breiten Wählerschaft hervorruft.

Dies spricht für eines der ständigen Anliegen von Errejón: wie mensch die Angst der Menschen vor Podemos verringern kann. Für ihn muss dies eine Priorität sein: zu zeigen, dass Podemos, wenn es ihr Amt antreten wird, regierungsfähig sein wird und dass sie in der Lage sein wird, das Leben der Menschen ohne Unordnung zu verbessern. Die Konstante hier ist jedoch das Bestreben, eine Querschnittskraft zu sein, die Stimmen aus dem gesamten Spektrum anziehen kann.

EG: Im Gegensatz dazu scheint Iglesias' Idee des linken Populismus auf eine klarere soziale Mehrheit gerichtet zu sein.

AM: Nun, was deutlich geworden ist, vor allem seit dem Amtsantritt der PSOE, ist, dass sich Iglesias nun auf die konkreten Fragen konzentriert, die das materielle Wohlergehen der Arbeiterklasse definieren: Arbeitskämpfe, Erhöhung des Mindestlohns, Energiearmut, Mietkontrollen usw.

Das sind eindeutig wichtige Fragen für die Linke. Aber gleichzeitig scheint Podemos auch alle rhetorischen und symbolischen Strategien des Populismus beiseitegeschoben zu haben, die die Partei gleichzeitig definierte. Zum Beispiel wurden bei fast allen aktuellen TV-Auftritten von Iglesias seine Interviews von abgelegenen Orten aus geführt, wo es Arbeitskonflikte gab, bei denen er mit der Kamera sprach, umgeben von Streikenden. Das sieht eher wie eine traditionelle linke Partei aus.

EG: In Bezug auf ihre schlechten Wahlergebnisse, bei denen die Partei sieben Punkte unter ihrem Wahlergebnis von 2016 von 14-15 Prozent liegt, besteht eine der Schwierigkeiten für Unidos Podemos darin, dass ihr unmittelbares Schicksal mit dem der Regierung des sozialistischen PSOE-Premierministers Pedro Sánchez verbunden ist. Sie unterstützten ihn vor neun Monaten in dem Misstrauensantrag, der die vorherige (konservative) Partido Popular-Administration zu Fall brachte. Sie haben gehofft, dass sie eine Minderheitsregierung der PSOE nach links schieben könnten. Die Agenda von Sánchez war jedoch aufgrund der katalanischen Krise und der Entscheidung der unabhängigen Parteien, ihre Unterstützung für sein Anti-Austeritäts-Budget zurückzuziehen, weitgehend festgefahren.

AM: Ja, aber die einzigen sozialen und materiellen Fortschritte, die diese Regierung erzielt hat, sind auf den Druck von Podemos zurückzuführen. Das deutlichste Beispiel ist die 22-prozentige Erhöhung des Mindestlohns [der im Dezember vom Führungsgremium verabschiedet wurde]. Die PSOE hätte eine solche Erhöhung nie selbst angestrebt. Dies ist eine echte Leistung von Pablo Iglesias und Unidos Podemos, und die Partei sagt nun auch, dass sie Sánchez nur in seinem ständigen Kampf um die Verabschiedung seines Budgets unterstützen wird, wenn er zustimmt, die Mietpreise zu regulieren.

In diesem Sinne ist Podemos' Engagement für die PSOE darauf ausgerichtet, Gewinne zu erzielen, die auf anderem Wege nur schwer zu erzielen gewesen wären, und nachdem sie diese Regierungsvereinbarung unterzeichnet haben, können sie den Wählern nur diese materiellen Fortschritte verkaufen. Ich weiß jedoch nicht, ob dies ausreicht, um die Zahlen der Partei umzukehren.

Zum Teil liegt das daran, dass die aktuelle Konjunktur in Spanien von der territorialen Frage dominiert wird. Die katalanische Krise hat das politische Feld zum Nachteil von Unidos Podemos polarisiert, die darauf gesetzt hatten, dass die katalanischen und spanischen Behörden eine Einigung über ein gemeinsam anerkanntes Referendum erzielen könnten.

Stattdessen profitieren von dieser anhaltenden Distanzierung diejenigen in Katalonien, die auf einen klaren Bruch mit Spanien drängen, d.h. die Unabhängigkeitsbewegung, oder diejenigen in Spanien, die eine harte Linie gegen die Independistas fordern. Die nationale Frage war schon immer die Schwachstelle der Linken und dominiert seit fast achtzehn Monaten die politische Agenda vollständig.

Dies war ein äußerst schwieriger Kontext, in dem mensch für Unidos Podemos arbeiten musste, und wenn eine Situation so polarisiert ist, kann mensch wenig tun. Bis sich der nationale Konflikt abgekühlt hat, wird es für sie sehr schwierig sein, Fortschritte zu erzielen.

EG: Hofft Errejón, eine konkurrierende nationale Organisation zu gründen, die es ihm ermöglichen würde, an einer Parlamentswahl teilzunehmen?

AM: In diesem Moment, nein. Im Moment konzentriert er sich auf die Regionalwahlen in Madrid im Mai und will ein Projekt in diesem Bereich starten, von dem er hofft, dass es möglich sein wird, aus dieser Dynamik auszubrechen, die dazu geführt hat, dass die Wahlzustimmung von Unidos Podemos eher der der Vereinigten Linken ähnelt, während sich die PSOE auf den Kampf um die WählerInnen mit [der rechtsliberalen Partei] Ciudadanos konzentriert. Wir wissen nicht, was möglich ist: Es hängt von den Ergebnissen im Mai ab.

Aber letztendlich denke ich, dass Podemos eine Art Übernahme oder Einigung mit der Kandidatur von Errejón vor den Regionalwahlen akzeptieren muss. Wenn Podemos beschließt, allein fortzufahren und ein schlechtes Ergebnis erzielt, würde dies ihrem Markennamen viel mehr Schaden zufügen als die Annahme einer einheitlichen Liste. Dies wiederum würde Errejón mehr Legitimität verleihen, wenn er eine nationale Kampagne starten würde.

EG: Eine der größten Schwächen von Podemos und vielen der munizipalistischen Formationen Spaniens ist, dass sie es versäumt haben, interne Mechanismen und demokratische Prozesse zur Behandlung solcher Streitigkeiten und Differenzen zu entwickeln. Warum glauben Sie, dass das der Fall ist?

AM: In Podemos ist der Grad des internen Konflikts darauf zurückzuführen, dass Errejón nach dem ersten Durchbruch der Partei bei den Europawahlen 2014 für den Bau und die Personalausstattung des Parteiapparates verantwortlich war, während Pablo Iglesias im Europäischen Parlament in Brüssel war. Als Iglesias zurückkehrte und ihre politischen Differenzen offensichtlich wurden, begann er, die Errejón am nächsten standen, von den wichtigsten internen Positionen zu entfernen und sie durch die ihm Treuen zu ersetzen.

Folglich blieb dieser Machtkampf bei uns, der viele Menschen, die das Projekt zunächst unterstützt haben, entfremdet hat, nicht zuletzt, weil diese internen Kämpfe die Berichterstattung über Podemos dominieren. In anderen Parteien gibt es eindeutig auch solche internen Konflikte, aber sie sind besser in der Lage, sie aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit zu halten.

Am Ende war die Partei nicht in der Lage, Wege zu finden, die verschiedenen Fraktionen in dieselbe Formation integrieren; vielmehr weiß jeder Sektor, dass, wenn sie nicht Teil der Fraktion sind, die gewinnt [interne Wahlen und Vorwahlen], sie ausgeschlossen wird.

EG: Wie hat diese Spaltung die Führung von Pablo Iglesias beeinflusst? Wie sieht seine politische Zukunft aus?

AM: Es ist kompliziert. Er ist im Elternurlaub, so dass er sich nicht täglich in diesen Streit stürzen und auch keinen Gegenangriff gegen Errejón führen kann. Das liegt nun an Irene Montero (seiner Partnerin und stellvertretenden Vorsitzenden von Podemos). Aber generell bedeutet die Form der Hyper-Führung, die er innerhalb der Formation ausgeübt hat, dass, wann immer es eine Kontroverse oder Krise im Zusammenhang mit Podemos gibt, seine Autorität einen Schlag bekommt. Und so wird der Split von Errejón höchstwahrscheinlich zu einer weiteren Erosion seines Ansehens führen.

Im Moment sind Errejóns Hände frei, und wenn Iglesias bis Anfang April nicht in der politischen Szene ist, wird er ständig im Fernsehen auftreten und sein Profil und seine Kandidatur weiter ausbauen.


Der Interviewte Antonio Maestre [AM] ist ein spanischer Journalist und Dokumentarfilmer, dessen Arbeiten in La Marea, El Diario und dem Fernsehsender La Sexta erscheinen. Eoghan Gilmartin [EG], der das Interview führte, ist Schriftsteller, Übersetzer und Jacobin-Mitarbeiter mit Sitz in Madrid. Er ist auch Mitglied von Podemos.

Kommentare