Lawfare: Katalonien vs. Spanien in der belgischen Gerichtsbarkeit
Präsident Puigdemont und die katalanischen Minister im belgischen Exil verklagen den Richter, der die Voruntersuchung wegen Rebellion gegen sie in Spanien führt.
Hier stellen wir kurz die Akteure und die Besonderheiten dieser Zivilklage vor.
Richter Pablo Llarena ist ein Richter der zweiten Kammer des
Obersten Gerichtshofs Spaniens, der die Voruntersuchung wegen Rebellion gegen
katalanische Unabhängigkeitsaktivisten und Politiker führt, die das Referendum
am 1. Oktober organisiert haben. Viele spanische Juristen haben Zweifel bzgl.
der Korrektheit und Unbefangenheit seiner Prozessführung und haben
schwerwiegende Unregelmäßigkeiten im Verfahren festgestellt, wie Verletzungen
der Rechte der Angeklagten, eine fragwürdige Auslegung des Strafgesetzbuches,
um das Verfahren unter der äußerst schweren Anklagen von Rebellion und Aufruhr
(die Gefängnisstrafen zwischen 30 und 15 Jahren bedeuten können) zuzulassen und
die missbräuchliche Nutzung der Untersuchungshaft, um die Amtseinsetzung von
drei Kandidaten zum Präsidenten der Generalitat zu verhindern, die vom
katalanischen Parlamentspräsidenten demokratisch ernannt worden sind. Damit
wurden die politischen Rechte der Angeklagten und aller Bürger Kataloniens
verletzt. Seine Beschlüsse zeichnen sich durch eine sehr emotionale Prosa aus,
die nicht nur auf eine offensichtliche, extrem konservative politische
Ideologie hindeutet, sondern auch beweist, dass er sich selbst als Opfer der zu
urteilenden Tatsachen sieht. Dies stellt seine Unbefangenheit als Richter in
Frage.
Die katalanischen Politiker, die sich im belgischen Exil
befinden, haben eine Zivilklage in Belgien gegen Richter Llarena wegen seiner
Äußerungen eingereicht, welche sich auf den Fall gegen die katalanischen
Aktivisten und Politiker beziehen, die er außerhalb seiner richterlichen
Funktion auf einer Konferenz einer privaten Gesellschaft gemacht hat.
In seinen privaten Äußerungen verletzte er die
Unschuldsvermutung der Angeklagten, indem er das Argument der Verteidigung
zurückwies, dass ihre Mandanten politisch Verfolgte seien.
Aufgrund der Befangenheit des Richters befürchten die Kläger
ein ungerechtes Gerichtsverfahren. Darüber hinaus besagt die aktuelle spanische
Gesetzgebung, dass ein Richter sofort aus dem Fall entfernt werden muss, wenn
gegen ihn eine Zivilklage anhängig ist, welche die Angeklagten betrifft
Ein weiterer widersprüchlicher Mitspieler: Spanien
Richter Llarena führt an, dass diese Klage nicht gegen ihn
als individuelles Rechtssubjekt gerichtet ist, sondern dass sie die
gerichtliche Unabhängigkeit des gesamten spanischen Staates in Frage stellt.
Daher hat er den Schutz des Generalrats der Judikative Spaniens beantragt und
dieser hat seinerseits den spanischen Staat aufgefordert, den Richter
uneingeschränkt zu verteidigen
Erstes Problem: Die Schutzforderung des Richters ging mit
zwei monatiger Fristversäumung ein.
Zweites Problem: Eine Richterin des Generalrates der
Judikative lehnt diesen Schutz vehement ab.
Drittes Problem: Die Anklage wirft dem Richter in keinem
Moment Tatsachen oder Anweisungen in Zusammenhang mit dem
Voruntersuchungsverfahren vor
Viertes Problem: Die Regierung Spaniens hat sich anfänglich
dagegen angesprochen, den Richter für seine Verteidigung finanziell zu
unterstützen.
Fünftes Problem: Drei Tage später ändert die spanische
Regierung ihre Entscheidung und wird die Indiskretion bzw. das Fehlverhalten
des Richters uneingeschränkt mit öffentlichen Geldern verteidigen. Gemäß der
Pressemitteilung der Spanischen Regierung vom 30. August 2018 wird diese
Veruntreuung öffentlicher Gelder Spanien 544.982 Euro kosten.
Bereits im Juli versuchte der spanische Außenminister Josep
Borrell ohne Erfolg, die belgische Regierung unter Druck zu setzen, um das
Vorgehen des für die Klage zuständigen belgischen Gerichts zu beeinflussen
Fazit
Die unbeholfene Einmischung des spanischen Staates in einer
Zivilklage zwischen Einzelpersonen offenbart wiederum die sehr ernsthaften demokratischen
Probleme Spaniens:
Wir stehen vor einer politischen Verfolgung der
Unabhängigkeitsbewegung, somit sind die inhaftierten katalanischen Aktivisten
und Politiker politische Gefangene und haben keine Aussicht auf ein gerechtes
Verfahren.
In Spanien gibt es keine Gewaltenteilung und die Justiz ist
vollkommen politisiert
In der Tat werden die höchstinstanzlichen Richter Spaniens
direkt vom Abgeordnetenkongress gewählt und zwar aufgrund ihrer politischen
Ausrichtung und nicht aufgrund ihrer fachlichen Kompetenz.
In dieser Hinsicht gibt es keinen Unterschied zwischen der
Politik der ehemaligen Regierung der PP Mariano Rajoys und der Politik der
jetzigen PSOE Regierung unter der Führung von Pedro Sánchez: Die gerichtliche
Verfolgung der katalanischen republikanischen Bewegung wird mit der
Unterstützung aller Staatsapparate fortgesetzt.
Einmal mehr bitten wir Europa um Unterstützung für die
Überwindung der Ungerechtigkeit und Repression, der wir Katalanen seit dem
Eingreifen der katalanischen Institutionen am 20. September 2017 ausgesetzt
sind, nur weil wir unser Selbstbestimmungsrecht ausüben wollen.
ANC Brüssel
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Weitere aktuelle Infos über Katalonien:
solidaritaetscomitekatalonien.blogspot.com
www.babelrepublicat.cat
www.collectiuemma.cat
Dokumentarfilme mit Untertiteln in mehreren Sprachen:
La Directa: “Der erste Tag im Oktober”
Mediapro: “20-S", "1-O”
Telesur: “Relato de lo inexistente” (Bericht des Inexistenten)
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