Was können wir von dem deutschen Richter erwarten?

Zweiter Teil einer Serie von Javier Pérez Royo, Professor für Verfassungsrecht an der Universität von Sevilla, auf ara.cat. mit juristischen Betrachtungen zu Verhalten gegenüber Katalonien, dessen VertreterInnen oder deren BürgerInnen.

Hier ist Teil 4 von 4 "¿Qué cabe esperar del juez alemán?" vom 26. März 2018

 

Was können wir von dem deutschen Richter erwarten?

In der "Gewalt" liegt die Ähnlichkeit zwischen "Hochverrat" und "Rebellion"



Eigentlich hätte es vom europäischen Richtern geschrieben werden müssen, da Richter aus vier Ländern über den von Richter Pablo Llarena diktierten europäischen Haftbefehl entscheiden müssen. Aber da der Schwerpunkt auf Deutschland liegt, geht es um die mögliche oder wahrscheinliche Reaktion des deutschen Richters, über die ich nachdenken möchte.

Wie der Leser wahrscheinlich schon seit gestern (wenn nicht seit vorher) weiß, erlaubt der europäische Haftbefehl die sofortige Lieferung des Angeklagtes durch den Richter des Landes, in dem er festgehalten wird. Die Zustellung könnte automatisch erfolgen, ohne dass der deutsche Richter bei der geringsten inhaltlichen Analyse des konkreten europäischen Haftbefehls, den Richter Pablo Llarena diktiert hat, anhält.

Dies wäre der Fall gewesen, wenn die Verbrechen, denen Carles Puigdemont beschuldigt wurde, auf der Liste standen, für die dieser Automatismus vorgesehen ist. Aber Rebellion ist nicht einer von ihnen. Folglich darf der deutsche Richter nicht nur eine Analyse der Tatsachen vornehmen, die Carles Puigdemont vorgeworfen werden, um festzustellen, ob sie das Verbrechen der Rebellion konstitutiv sind oder nicht.

Hier ist der Kern der Sache. Im deutschen Strafgesetzbuch gibt es, wie der Leser möglicherweise seit gestern weiß, ein Verbrechen des "Hochverrats", das nicht gleichbedeutend ist, sondern dem Verbrechen der Rebellion im spanischen Strafgesetzbuch ähnlich ist. Unter diesem Gesichtspunkt, der diese Angleichung genehmigt, ist die Rechtslage von Puigdemont vor dem deutschen Richter anders als vor dem belgischen Richter, da in diesem Land das Verbrechen der Rebellion im Strafgesetzbuch nicht vorgesehen wird.

Die konstitutive Gewalt des Straftatbestandes muss eine körperliche Gewalt auf Menschen nicht auf Dinge sein

Das Verratsdelikt des spanischen Strafgesetzbuches ist anders geregelt als das des Hochverrats im deutschen Strafgesetzbuch. Der Sachverhalt, der dem Straftatbestand des Hochverrats in der spanischen Rechtsordnung am ähnlichsten ist, ist in der Verfassung, in Artikel 102.2. Dabei sieht man die "strafrechtliche Verantwortlichkeit des Präsidenten (der Regierung)" vor, indem "die Anklage für den Verrat oder für ein anderes Verbrechen gegen die Sicherheit des Staates sein kann".

Aber nehmen wir mal an, was keine Kleinigkeit ist, dass es eine gewisse Übereinstimmung zwischen dem deutschen "Hochverrat" und der spanischen "Rebellion" gibt. Daraus folgt nicht, dass der deutsche Richter die Qualifizierung der vom Richter Pablo Llarena eingereichten Tatsachen in den europäischen Haftbefehl als Tatbestand der Rebellion als richtig erklärt. Diese bestimmte Korrespondenz erlaubt es dem Richter nur anzufangen, den europäischen Haftbefehl zu beachten, aber nichts weiteres.

Der Richter hat die Pflicht, den europäischen Haftbefehl zu untersuchen und zu prüfen, ob die Qualifikation als Rebellion des Verhaltens von Carles Puigdemont Bestand hat oder nicht. Und ob er sich unter der Voraussetzung, die die "bestimmte Entsprechung" zwischen dem deutschen und dem spanischen Straftatbestand glaubhaft machen, hält. Das heißt, wenn das Verhalten von Carles Puigdemont, das von Richter Pablo Llarena im europäischen Haftbefehl beschrieben wird, in den Begriff der "Gewalt" passt, der den Straftatbestand von "Hochverrat" und "Rebellion" darstellt".

Denn die Ähnlichkeit zwischen "Hochverrat" und "Rebellion" liegt bei der "Gewalt". Ohne Gewalt gibt es weder das eine noch das andere. Und nicht irgendeine Gewalt, nicht das Auftreten gewalttätiger Episoden, sondern eine Gewalt, die vom ersten Moment des Aufstandes an programmiert wurde, um die sowohl im deutschen Strafgesetzbuch als auch im Spanischen beschriebenen Ziele zu erreichen. Gewalttätiger Aufstand ist nicht das Ergebnis der Gegenüberstellung eines Nomens und eines Adjektivs, sondern ein unzerbrechliches Ganzes von seinem Anfangszeitpunkt bis zu seiner Vollendung. Dieser untrennbare Gesamtzusammenhang ist der Bestandteil des Straftatbestandes.

Dies ist die praktisch einhellige Interpretation der Gewalt sowohl in der spanischen als auch in der deutschen Lehre. Die konstitutive Gewalt des Straftatbestandes muss eine körperliche Gewalt sein, auf Menschen, nicht auf Dinge, und von außerordentlicher Intensität. Ohne solche Merkmale können Gewalt oder gewalttätige Episoden für ein gewisses Verbrechen konstitutiv sein, nicht jedoch für das Verbrechen der "Rebellion" oder des "Hochverrats".

Dies muss der deutsche Richter erst überprüfen und später begründen, wenn er der Meinung ist, dass er sich um den vom spanischen Richter diktierten europäischen Haftbefehl kümmern muss.

Mein Eindruck ist, dass er es nicht schaffen wird, denn, wie gestern vom Professor für Strafrecht, Francisco Javier Alvarez García im Tribuna Abierta Blog geschrieben, kann man nicht anhand der Angaben, die auf dem Tisch liegen (die in den Gerichtsentscheidungen hervorgehoben werden) behaupten, dass katalanische Politiker, die vor kurzem vom Richter des Obersten Gerichts verfolgt wurden, ein Verbrechen der Rebellion begangen haben".
 

aus dem Spansichen von Eva

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