Zweiter Teil einer Serie von Javier Pérez Royo, Professor für Verfassungsrecht an der Universität von Sevilla, auf ara.cat. mit juristischen Betrachtungen zu Verhalten gegenüber Katalonien, dessen VertreterInnen oder deren BürgerInnen.
Hier ist Teil 1 von 4 "La utilización perversa del proceso penal" vom 23. März 2018
Der perverse Gebrauch des Strafverfahrens
Es gibt politische Verfolgung, die als Ermittlung in Strafsachen getarnt ist
Das Verbrechen der Rebellion ist ein offensichtliches
Verbrechen, dessen Existenz nicht bewiesen werden muss. Entweder gab es einen
"öffentlichen und gewalttätigen Aufstand" oder es ist nicht
vorgekommen. Zur Feststellung des Vorliegens einer Straftat sind keine
Ermittlungen erforderlich. Eine Untersuchung wird notwendig sein, um zu wissen,
warum im Voraus nicht absehbar war, dass ein solcher Aufstand stattfinden
könnte, der es ermöglicht hätte, die geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, um dies
zu vermeiden. Wäre die Operation Galaxia und andere im Jahr 1980 ordnungsgemäß
untersucht worden, wäre es mehr als wahrscheinlich, dass der "öffentliche
und gewalttätige Aufstand" von 23. Februar 1981 hätte vermieden werden
können. In gleicher Weise hätte man den "zivilen Plot" jenes
Aufstandes untersuchen sollen, um zu wissen, wie er sich hatte entwickeln
können. Aber dass der 23-F von 1981 einen "öffentlichen und gewaltsamen
Aufstand" hervorbrachte, musste nicht bewiesen werden.
Wo ist der "öffentliche und gewaltsame Aufstand"
im Verhalten der Menschen, die in der Anklageerhebung enthalten sind, die
heute, 23. März, Richter Pablo Llarena diktiert hat? Wie ist es möglich, dass
in einem Prozess, der sich buchstäblich im Hinblick auf die ganze Welt
entwickelt hat, weil er durch die Medien jenseits unserer Grenzen ausgestrahlt
wurde, niemand bemerkt hat, dass es einen "öffentlichen und gewalttätig
Aufstand" stattgefunden hat? Niemand musste innerhalb oder außerhalb
Spaniens erklären, dass der [Aufstand vom] 23/02/1981 stattgefunden hatte. Und
im Falle, dass Oberstleutnant Tejero in irgendein europäisches Land geflüchtet
wäre, wäre der Befehl, den der spanische Richter ergriffen hätte, damit er
verhaftet und der Justiz zur Verfügung gestellt wurde, sofort vollgestreckt
worden. Der von Richterin Carmen Lamela diktierte europäische Haftbefehl hätte
weder zurückgezogen werden sollen, noch hätte die Bitte des
Generalstaatsanwalts ignoriert werden sollen, gegen Carles Puigdemont einen
neuen europäischen Haftbefehl nach seiner Anreise nach Dänemark zu erlassen.
Warum ist das, was offensichtlich ist, wenn ein Verbrechen der Rebellion
auftritt, nicht im Fall vom katalanischen Prozess [zur Unabhängigkeit]? Warum
gibt es in den achtzig Seiten des Beschlusses eine einzige genaue Angabe eines
Verhaltens, das als "gewalttätigen Aufstand" bezeichnet werden kann?
Der ganze Beschluss ist voller hypothetische Urteile über die Gewalt, die durch
das Verhalten des Angeklagten hätte entstehen können. Aber zu keinem Zeitpunkt
wird das Verhalten eines von ihnen als gewalttätig bezeichnet. Es gibt keinen
konkreten Vorwurf eines gewalttätigen Aufstands in Bezug auf irgendeinen von
ihnen. Auch in Bezug auf niemanden.
Was beabsichtigt wird, ist nicht die Verfolgung des wirklich begangenen Verbrechens, sondern man strebt die Erledigung einer politischen Option an
Die im Beschluss aufgelisteten Konzentrationen, die in
verschiedenen Wahllokalen auftraten, damit Bürger am 1. Oktober wählen konnten,
ist der beste Beweis dessen, wovon ich rede. In keinem von ihnen, wie sie in
den Berichten der Nationalen Polizei oder der Guardia Civil gesammelt wurden,
geht keiner über passiven Widerstand hinaus. Es sind die Polizei und die
Mitglieder der Guardia Civil selbst, die bestätigen, dass es keinerlei
gewalttätigen Aufstand gegeben hat.
Es besteht kein Zweifel, dass beim katalanischen Prozess zur
Unabhängigkeit Handlungen stattgefunden haben, die ein Verbrechen darstellen.
Aber in keinem Fall hat das Verbrechen der Rebellion stattgefunden. In der
Untersuchungsaufgabe des Richters Pablo Llarena, die sich auf das Verbrechen
der Rebellion bezieht, gibt es daher den Anschein einer kriminellen
Veranlassung, aber nichts weiter als den Anschein. Die politische Belastung
verzerrt die Untersuchungsaktivität. Es wird kein Verhalten verfolgt, weil es
für das Verbrechen der Rebellion konstitutiv ist, sondern man qualifiziert
Verhaltensweisen, die man politisch zerstören will, als konstitutiv des
Verbrechens der Rebellion. Es gibt politische Verfolgung, die als Ermittlung in
Strafsachen getarnt ist.
Wir sind also vor einem perversen Gebrauch des Strafprozesses.
In dem Beschluss beschreibt der Untersuchungsrichter detailliert das politische
Verhalten des Parlaments, der Regierung, des ANC und von OMNIUM und erzählt,
wie dieses Verhalten vom Verfassungsgericht wiederholt für verfassungswidrig
erklärt wurde. Es beschreibt auch den wiederholten Ungehorsam der katalanischen
Behörden gegenüber den Entscheidungen des Verfassungsgerichts. Aber nichts von
dem, was er beschreibt, ist ein "gewaltsamer Aufstand" jeglicher Art.
Der Beschluss ist ein Paradebeispiel für die Verwandlung
eines Strafverfahrens in einen politischen Prozess. Was beabsichtigt wird, ist
nicht die Verfolgung des wirklich begangenen Verbrechens, sondern man strebt
die Erledigung einer politischen Option durch die Zurechnung eines Verbrechens,
das nur in der Phantasie des Richters besteht, an.
aus dem Spanischen von Eva
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